Verkaufsoffene Sonntage, Digitalisierung, Finanzierung: Landesdelegiertenversammlung des NRW-Einzelhandels schwört sich auf bevorstehende Herausforderungen ein

Am 14. September kamen die Landesdelegierten der nordrhein-westfälischen Einzelhandelsunternehmen zu ihrer Jahreshauptversammlung auf Einladung der Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbank in Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf zusammen. Auf der Agenda standen neben dem Dauerthema Digitalisierung die aktuelle Debatte um die verkaufsoffenen Sonntage sowie die Finanzierung in Zeiten der Nullzinspolitik.

Michael Radau, Präsident des Handelsverbandes NRW, bezog in seiner Rede im öffentlichen Teil der Veranstaltung, zu der auch zahlreiche geladene Gäste aus Politik, Verwaltung und Öffentlichkeit kamen, deutlich Stellung zur aktuellen Debatte um Sonntagsöffnungen. ver.di agiere im Schulterschluss mit Kirchen und kirchennahen Organisationen in höchstem Maße reaktionär und an der Lebensrealität der Menschen vorbei. Radau: „Wenn die Gesellschaft Einkaufen am Sonntag tatsächlich ablehnt, wie erklären sich dann die sonntäglichen Peaks bei den Bestelleingängen der Online-Händler? Wie erklären sich die Autokolonnen, die sich sonntags in Richtung Niederlande in Bewegung setzen? Wie erklären sich die Massen, die sich an verkaufsoffenen Sonntagen durch die Städte schieben?“ ver.di schade mit seinem Generalangriff auf verkaufsoffene Sonntage vor allem dem Handel in kleinen und mittleren Städten, der in besonderem Maße darauf angewiesen sei, sich mithilfe von Sonderaktionen zu präsentieren, um Kunden zurück- oder neuzugewinnen. Damit würden nicht nur die Bemühungen der Landespolitik konterkariert, die den Handel vor Ort eigentlich zu fördern versucht. „ver.di nimmt bereitwillig in Kauf, den stationären Handel vor allem in Klein- und Mittelstädten nachhaltig zu schwächen!“ Das ginge auch zulasten der dortigen Strukturen, verdeutlichte der Präsident des Handelsverbandes NRW. Schließlich zahle der Handel vor Ort nicht nur Steuern. Er fungiere auch als verlässlicher Versorger, sei Sponsor diverser Feste, unterstütze Kitas, Schulen und Vereine finanziell und sei somit der Kitt im sozialen Gefüge einer Stadt, der Puls einer Kommune. Radau stellte klar, dass der Handelsverband NRW als Interessenvertretung der nordrhein-westfälischen Einzelhändler das Gespräch mit Kommunal- und Landespolitik sucht. Schließlich sei der Vorwurf, es gäbe einen „Wildwuchs bei Sonntagsöffnungen“ nicht im Ansatz gerechtfertigt. Das 2013 novellierte Ladenöffnungsgesetz (LÖG NRW) habe Sonntagsöffnungen im Lande klare Grenzen gesetzt. Einzelne Städte und Kommunen gingen dabei bei der Begrenzung verkaufsoffener Sonntage mit eigenen Kriterienkatalogen noch wesentlich weiter als es das LÖG NRW überhaupt verlange.

„Wir müssen alle an einem Strang ziehen!“, schwor Radau die Delegierten auf die zukünftigen Herausforderungen ein. Nicht nur die Digitalisierung und die Innovationsdichte der mit ihr verbundenen Märkte stellten den Handel vor stetig neue Herausforderungen und Möglichkeiten. Auch die Suche nach Nachwuchskräften und Auszubildenden treibe den Handel in NRW um. Zwar sei der Handel mit einem Jahresumsatz von rund 100 Millionen Euro als drittstärkste Wirtschaftskraft im Lande auch einer der wichtigsten Arbeitgeber, doch gestalte die seit Jahren zunehmende Akademisierung der Gesellschaft die Suche nach Auszubildenden immer schwieriger. Zu viele junge Menschen seien nicht ausreichend über die Möglichkeiten der Berufsausbildung informiert. „Hier sind wir als Unternehmer und die Schulen gleichermaßen in der Pflicht“, so Radau. Immerhin bilde der Handel in NRW rund 36.000 junge Menschen allein in den beiden Kernausbildungsberufen Kaufmann/-frau im Einzelhandel und Verkäufer/-in aus.

Die Landesdelegiertenversammlung ist eines der zentralen Organe des Handelsverbandes NRW. Sie setzt sich u.a. aus dem Präsidium des Handelsverbandes NRW; den Vorsitzenden und stellvertretenden Vorsitzenden der Regionalverbände sowie den Delegierten der Regionalverbände zusammen. Die Landesdelegierten repräsentieren damit den Einzelhandel in NRW in seiner kompletten Bandbreite. Die Landesdelegiertenversammlung kommt jährlich zur Jahreshaupt-versammlung zusammen.Viele Handelsunternehmen treibe zudem die Frage nach nachhaltigen Finanzierungsstrategien in Zeiten der langanhaltenden Nullzinspolitik um. Diesem Thema konnten sich die Delegierten mithilfe einer versierten Expertin annähern. Margarete Müller, Präsidentin der Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbank in Nordrhein-Westfalen zeigte auf, dass die anhaltende Nullzinspolitik auf allen Seiten ihren Tribut fordere: „Vor allem Banken, Versicherungen, Bausparkassen und Pensionsfonds leiden unter der lang anhaltenden Nullzinspolitik, da deren Ertragssituation zunehmend belastet wird“, analysierte Margarete Müller in Ihrer Rede. Aber auch Sparer zählten zu den Leidtragenden der Nullzinsen. Allerdings, so Müller, sei gleichzeitig auch die Entwertung des Geldes durch die Inflation sehr gering. Somit könnten Unternehmer, Arbeitnehmer, Häuslebauer und Steuerzahler den niedrigen Zinsen auch durchaus positive Seiten abgewinnen.

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Landesdelegiertenversammlung 2016