Rund 250 Gäste aus Wirtschaft, Politik und Öffentlichkeit folgten am Abend des 19. März 2012 der Einladung des Handelsverbandes Nordrhein-Westfalen (HV NRW) und des Rheinischen Einzelhandels- und Dienstleistungsverbandes (REHDV) zum traditionellen Jahresempfang in die Rheinterrasse zu Düsseldorf.

Festansprache der NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft © Christian Belz, handelsjournal

Festansprache der NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft © Christian Belz, handelsjournal

Ehrengast der Veranstaltung war die amtierende Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, die es sich trotz hoher Termindichte aufgrund der aktuellen landespolitischen Entwicklung nicht nehmen ließ, die Gäste der Einzelhandelsverbände in einer Festansprache auf wirtschaftspolitische Kernthemen des Landes hinzuweisen. Sie zollte dem NRW-Einzelhandel Respekt und betonte, um die Bedeutung der Wirtschaftskraft der Branche zu wissen, die jeden zehnten Arbeitnehmer in NRW beschäftigt und einen Jahresumsatz von rund 110 Milliarden Euro erzielt – ein Viertel des Gesamtumsatzes des bundesdeutschen Einzelhandels. Doch die wirtschaftliche Bedeutung der Branche sei nur ein Aspekt, sagte Kraft weiter. Der NRW-Einzelhandel sei auch ein Garant für Lebensqualität, der durch ein dichtes Versorgungsnetz sicherstelle, dass die Einwohner mit privaten Konsumgütern gut versorgt seien. Als solcher, betonte die Ministerpräsidentin weiterhin, sei der Einzelhandel umso mehr auf eine verlässliche Landespolitik angewiesen, denn nur so könne sichergestellt werden, dass die Rahmenbedingungen für ein funktionierendes Versorgungsnetz auch zukünftig gegeben sind. So sei es beispielsweise wichtig, die Innenstädte NRWs weiterhin zu stärken. Der Einzelhandel sei dabei mit seinem hohem Engagement ein unverzichtbarer Partner, lobte Kraft. Sie stellte klar, dass ein Kabinettsbeschluss zur – vom Handel händeringend erwarteten – Novellierung des Landesentwicklungsplans für NRW, insbesondere zur Ansiedlung von großflächigem Einzelhandel außerhalb der Innenstädte, noch vor den Neuwahlen erfolgen wird.

Wichtig sei auch, dass der Einzelhandel in NRW weiterhin an seiner vorbildlichen Ausbildungsquote festhalte. Kraft appellierte an den NRW-Einzelhandel, der allein im Berufsausbildungsjahr 2011 über 13.000 Auszubildende unter Vertrag nahm, „noch eine Schüppe draufzulegen.“ Ausbildung, so Kraft, sei eine Investition in die Zukunft und dringend notwendig, um dem zu erwartenden Fachkräftemangel in NRW vorzubeugen. Dabei sei es auch essenziell über faire Entlohnung und gute Arbeitsbedingungen zu sprechen. Wenig Lohn bedeute auch wenig Konsum, gab Kraft zu bedenken. Abschließend widmete sich die Ministerpräsidentin dem Thema des Ladenöffnungsgesetzes NRW (LÖG NRW) und betonte, dass zu keinem Zeitpunkt der Evaluierung und der Debatte der letzten Monate seitens der Landesregierung fundamentale Änderungen des gegenwärtig gültigen LÖG NRW gewollt waren. Es ginge der amtierenden Regierung lediglich um eine Regulierung der verkaufsoffenen Sonntage, so stehe es auch im Koalitionsvertrag, sagte Kraft.

Für einen Ladenschluss am Sonntag spreche sich der Einzelhandel in NRW grundsätzlich aus, betonte der Präsident des HV NRW, Friedrich G. Conzen, in seiner anschließende Festrede. Vier verkaufsoffene Sonntage pro Jahr – auch differenziert nach Stadtteilen – seien, so Conzen weiter, jedoch ein verträgliches und notwendiges Maß für den NRW-Einzelhandel. So ginge der Wettbewerb, dem sich die Branche im Lande stellen muss, nicht nur vom Internethandel und den nahen, liberalen Niederlanden aus, sondern auch vom Phänomen sogenannter Trödelmärkte. Diese fänden, so Conzen, regelmäßig sonn- und feiertags an vielen Punkten in NRW statt und schlössen den umfangreichen Verkauf von Neuware unter Berufung auf Marktprivilegien ein.

Conzen betonte auch in seiner Rede die Bedeutung des wirtschaftlichen Schwergewichts Einzelhandel für NRW, der auch in Krisenzeiten Stabilität und Beschäftigung garantiere. Rückblickend gab er für das Geschäftsjahr 2011 ein nominales Umsatzplus von 1,6 Prozent an – preisbereinigt seien die Einzelhändler im Lande also zufrieden, wenn die schwarze Null erreicht sei. Doch auch im vergangenen Jahr sei die Entwicklung in den einzelnen Branchen und Regionen nicht parallel verlaufen. So hätten 2011 vor allem die Anbieter von Uhren, Schmuck und Möbeln sowie der Internet- und Versandhandel von steigenden Umsätzen profitiert. Regional betrachtet sei es vor allem der Einzelhandel in Oberzentren, der vergleichsweise gut abgeschnitten habe. Für 2012 prognostizierte Conzen ein nominales Umsatzwachstum von rund 1,5 Prozent. Der NRW-Einzelhandel könne optimistisch auf das laufende Geschäftsjahr blicken, noch seien die Verbraucherstimmung

und die Lage auf den Arbeitsmärkten gut, so Conzen. Dennoch würden sich auch erste Wolken am Konjunkturhimmel zeigen: Die Erwartungen des Einzelhandels hätten sich – nach den Ergebnissen der Umfragen der Industrie- und Handelskammern im Rheinland zu urteilen – leicht verschlechtert. Conzen appellierte deswegen an die Staatenlenker, die Euro- und Finanzkrise schnellstmöglich in den Griff zu bekommen und empfahl ihnen die Beherzigung eines einfachen kaufmännischen Prinzips: „Gebe nicht mehr aus, als du einnimmst.“

Die festliche Abendveranstaltung des Handelsverbandes Nordrhein-Westfalen (HV NRW) und des Rheinischen Einzelhandels- und Dienstleistungsverbandes (REHDV) findet traditionell seit vielen Jahrzehnten statt. In diesem Jahr zählten u.a. die Ministerpräsidenten Hannelore Kraft, die US-amerikanische Generalkonsulin Janice G. Weiner, der stellvertretende Generalkonsul der Niederlande, Frank de Hoop Scheffer, der Staatssekretär Dr. Günther Horzetzky und der Chef der Staatskanzlei, Staatssekretär Franz-Josef Lersch-Mense, zu den prominenten Gästen der Veranstaltung.

Mehr Informationen zum Jahresempfang:

„Gebe nicht mehr aus, als du einnimmst.“
Jahresempfang der Handelsverbände 2012: Informationen und Bilder